Oder: DU HAST DIE WAHL! Warum es Sinn macht, dich mit deiner Wut auseinanderzusetzen.

Seit ein paar Tagen beschäftigt mich das Thema Wut. Nicht, dass ich selbst die letzten Tage wütend gewesen bin, das Thema war einfach da. Und plötzlich hatte ich den Impuls, einen Blog Artikel darüber zu schreiben.

Warum ist Wut da? Wofür ist sie gut?

Wofür soll Wut schon gut sein, wirst du dich jetzt fragen? Es ist reiner Selbstschutz und Wut tut einfach mal gut, um seinen Gefühlen Luft zu machen und Klartext zu reden. Es hilft, Druck abzulassen.

Vielleicht verbirgt sich aber auch etwas ganz anderes hinter deiner Wut.

Oft ist es so, dass wir unsere Wut nach außen projizieren und einen Schuldigen für unsere Wut suchen. Gut, manchmal sind wir auch auf uns selbst wütend, wenn wir z. B. überzeugt davon sind, dass wir etwas viel besser können müssten und dann hat es wieder nicht geklappt. Aber eher sind wir auf jemand anderen wütend, als auf uns selbst. Ist ja auch einfacher.

Was ist Wut eigentlich?

Wut ist ein handfestes Gefühl und manchmal ist die Wut so dermaßen groß, dass sie sich nach außen entlädt, entladen muss! Das passiert, wenn wir die Wut schon so lange in uns hineingefressen haben, dass der Druck irgendwann so groß ist, dass es nur jemanden braucht, der das richtige Knöpfchen bei uns drückt, damit sich endlich unsere ganze geballte Wut auf unser Gegenüber entladen kann.

Aber sei mal ehrlich zu dir selbst. In dem Moment, in dem sie sich entlädt, hast du das Gefühl, du könntest sie kontrollieren? Du könntest sie steuern? In dem Moment, in dem du explodierst, bist du wirklich Herr der Lage? Oder hat dich die Wut völlig im Griff?

Ist es nicht so, dass du dich selbst schon oft gefragt hast: Krass! Wo ist das denn jetzt hergekommen?

Du kannst natürlich sagen, der andere hat mich so lange provoziert, bis es aus mir herausgeplatzt ist, herausplatzen musste. Derjenige ist doch selbst schuld! Ich kann nichts dafür!

Oder du könntest dich fragen: Wieso hat der andere es überhaupt geschafft, mich so zu provozieren, dass ich derartig explodiere? Welchen Nerv, welches Gefühl hat er in mir getriggert, welchen Knopf hat er gedrückt, dass ich so extrem reagiere? Was schlummert da in mir, dass es nur so wenig braucht, um diese Reaktion in mir auszulösen?

Wenn ich in der Vergangenheit Wutszenen bei anderen beobachtet habe, habe ich mir schon oft gedacht: So reagiert doch kein Erwachsener, der bei vollem Bewusstsein und bei vollem Verstand ist! Der hat völlig die Kontrolle über sich selbst verloren!

Es hat eher den Anschein, dass diese Person einfach nur wild wie ein ängstliches kleines Kind um sich schlägt, das sich nicht anders zu helfen weiß.

Oder wenn es ganz extrem wird, wie ein Stier auf sein Gegenüber losgeht, dem man ein rotes Tuch vor die Nase gehalten hat. Dann wird einfach mal alles in Grund und Boden gestampft, das auch nur irgendwie Gegenwehr erzeugen könnte. Das lässt sich vor allem bei Cholerikern hervorragend beobachten.

Wie kann es sein, dass erwachsene Menschen – die einen klaren Verstand haben und wie man meinen würde, in der Lage sein sollten, besonnen zu reagieren – derartig die Kontrolle über sich selbst verlieren?

Und sag nicht, dass du noch nie in deinem Leben wütend warst. Das gibt es nicht. Du kannst dir einreden, dass du nicht wütend bist und das funktioniert sehr, sehr lange.

Es gibt auch Menschen, die nie explodieren, die ihre ganze Wut in sich hineinfressen. Vielleicht gehörst du zu diesen Menschen. Vielleicht, tust du das, weil du niemanden vor den Kopf stoßen willst. Vielleicht aber auch, weil du als Kind schon gelernt hast, dass du brav sein musst, weil du Angst hast, dass du sonst nicht mehr geliebt wirst. Es kann viele unterschiedliche Gründe haben.

Ich kann dir versprechen, sie ist da, selbst wenn du das gerade nicht wahrhaben willst. Auch wenn du sie jetzt noch nicht spürst, irgendwann wird sie sich ihren Weg bahnen. Und dann will ich nicht diejenige sein, die in deiner Schusslinie steht!

Übrigens bin ich selbst das beste Beispiel dafür

Ich war immer das liebe brave Mädchen, das jeder einfach gerne haben musste! Ich wollte immer gefallen, um jeden Preis! Egal, was ich dafür über mich ergehen lassen musste, egal wie der andere mich anschreit.

Rückzug war mein Motto und so tun, als ob nichts ist, als ob das nichts mit mir zu tun hat. Insgeheim habe ich alle Verletzungen, die ich dadurch erfahren habe, in mich hineingefressen und mit mir selbst ausgemacht.

Als sich meine Wut zum ersten Mal entladen hat, davon sprechen meine damaligen Arbeitskollegen noch heute. Niemals zuvor hat mich jemand so erlebt. Ich habe die ganze Wut aus mir herausgeschrien und alle haben es gehört! Ich habe einfach nur geschrien, die ganze Wut aus mir herausgeschrien!

Nein, in diesem Moment war ich nicht erwachsen. Es war mir egal, ich wollte nicht mehr das brave Mädchen sein, es ging auch gar nicht. All das ist aus mir herausgebrochen. Solltest du dich fragen, was der Auslöser dafür war und wer die Ladung abbekommen hat. Das ist nicht wichtig, meistens hat der Auslöser nicht einmal etwas mit der eigentlichen Wut zu tun. Er macht das, was der Name sagt, auslösen, entladen. Das ist sein Job.

Aber es hat etwas mit mir gemacht. Von da an habe ich angefangen, die Wut zu hinterfragen und sie zu erforschen.

Wut kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich meist etwas anderes dahinter verbirgt, nämlich Angst oder Angst gepaart mit Verzweiflung, die wiederum ganz oft Ihren Ursprung in der Kindheit hat. So wie bei mir, die Angst nicht mehr geliebt zu werden, wenn ich wütend werde.

Wenn du als Erwachsener das Thema mit klarem Verstand beleuchtest, ist diese Angst scheinbar völlig irrational

Und doch kann sie sich bereits in unserer Kindheit so tief in unserem System verankern und irrationale Handlungen selbst noch im Erwachsenenalter hervorrufen.

Aber das Gefühl, das so tief in deinem Unterbewusstsein sitzt, es ist da. Egal, wie sehr du versuchst, es in deinem Unterbewusstsein zu vergraben, es kommt immer dann zum Vorschein, wenn es im Außen durch eine scheinbare Provokation auf den Plan gerufen wird.

Du kannst weiterhin einfach nur auf dein Gegenüber reagieren und deine Wut entladen, oder du kannst erforschen, was sich dahinter verbirgt und deine tief verborgene Angst und damit auch deine Wut in die Heilung bringen.

DU HAST DIE WAHL

Du hast IMMER 2 Möglichkeiten

A

Du kannst dich für die Wut entscheiden und dir einen Schuldigen suchen, auf den du wütend sein kannst. Das ist der Weg des geringsten Widerstandes und vor allem der einfache Weg.

ODER

A

Du kannst dich selbst reflektieren und dich fragen, warum ist die Wut jetzt da? Was will sie mir sagen? Und welches Gefühl verbirgt sich hinter der Wut?

Du hast die Wahl, entscheidest du dich für die erste oder die zweite Möglichkeit?

Wenn du dich für die erste Möglichkeit entscheidest, dann machst du es dir verdammt einfach. Dann musst du dich nämlich nicht länger mit der Frage beschäftigen: Was hat das mit mir zu tun?

Ja, du kannst das so machen, dann hast du aber nichts gewonnen, sondern wieder einmal nur einen Schuldigen gefunden. Ist ja irgendwie auch praktischer und vor allem einfacher.

Wie lange hält das gute Gefühl an, dass du es dem anderen wieder mal so richtig gezeigt hast? Wann kommt die Ernüchterung? Wie sehr muss sich diese Wut in deinem Innern steigern, bis du anfängst zu reflektieren?

Ich habe mich für die zweite Möglichkeit entschieden.

Wie ist deine Wahl?

Teile unten im Kommentar mit mir, wie du dich entschieden hast. Ich freue mich, von dir zu lesen.

Ich schreibe hier nichts, was ich in irgendwelchen Büchern gelesen habe, bzw. gebe wissenschaftliche Abhandlungen wieder. Es ist meine ureigene Erfahrung, die ich mit dem Thema Wut und Angst gemacht habe. Diese Erkenntnis ist nicht in Stein gemeißelt, mit diesem Text möchte ich dich lediglich anregen, dich mit dem Thema Wut auseinanderzusetzen und es nicht als selbstverständlich hinzunehmen, dass sich deine Wut auf andere Menschen entlädt.